Vom 15. bis 17. Oktober 2024 fand in Berlin das Bundeshauptstadt-Seminar der Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV) e.V. statt. Unter dem Thema „Deutschland vor dem großen Umbruch?“ diente das Seminar als Diskussionsplattform für aktuelle politische, gesellschaftliche und religiöse Themen, die Deutschland und die katholische Kirche weltweit bewegen. Die Teilnehmer, die Vororte des CV, KV, UV sowie das Ringpräsidium des RKDB, beschäftigten sich intensiv mit den drängenden politischen Herausforderungen wie dem Anstieg des Antisemitismus seit dem Angriff der Hamas auf Israel, den wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen sowie der Rolle der Kirche in der modernen Gesellschaft. Hochkarätige Gäste aus den Bereichen Politik, Kirche, Medien und Zivilgesellschaft sorgten für anregende und aufschlussreiche Diskussionen.
Den Auftakt bildete ein Gespräch mit Dr. Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Schwerpunkt war die dramatische Zunahme antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023. Dr. Klein verdeutlichte die ernste Lage an deutschen Universitäten und betonte die mangelnde Solidarität der Gesellschaft mit jüdischen Mitbürgern. Besonders betonte er die Verantwortung von Studenten, sich gegen Antisemitismus stark zu machen.
Das Thema Antisemitismus begleitete die Teilnehmer auch im Gespräch mit dem Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck. Er sprach ebenfalls eindringlich über die tiefe Verankerung antisemitischer Vorurteile in der deutschen Gesellschaft und erklärte, dass wir in einer Kultur leben, der die Ablehnung des Judentums in die DNA geschrieben sei. Zugleich kritisierte er die mangelnde Reaktion von Hochschulleitungen wie beispielsweise die der Technischen Universität Berlin auf antisemitische Vorfälle und Referenten, die das Existenzrecht Israels in Frage stellten. Er forderte, die Geschichte des Judentums in Deutschland nicht nur unter dem Aspekt des Antisemitismus zu betrachten. Vielmehr müsse das jüdische Erbe auch in positiver Hinsicht stärker in den Lehrplänen des Studium Generale, verankert werden.
Besonders gefreut haben wir uns über das Treffen mit Johannes Winkel, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union und ehemaligen Vorsitzenden der AGV. Ein Schwerpunkt lag auf der politischen und gesellschaftlichen Situation in Ostdeutschland, wo rechte und linke Ränder verstärkt Zulauf erhalten. In Hinblick auf das Erstarken und der Koalitionsfähigkeit des BSW, antwortete Winkel süffisant: „Sozialismus ohne Gendern bleibt immer noch Sozialismus.“
Eine große Ehre war es den Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, zu treffen. Wir sprachen über die Rolle der katholischen Kirche in der heutigen Welt. Der synodale Weg und die Notwendigkeit der Neuevangelisierung wurden ebenso thematisiert. Erzbischof Eterović ermutigte uns, den Glauben in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft lebendig zu halten und uns aktiv für christliche Werte einzusetzen.
Am zweiten Tag sprachen wir mit Volker Resing, dem Ressortleiter der „Berliner Republik“ beim Politikmagazin Cicero. Das Gespräch drehte sich um die aktuelle Lage der Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg sowie die überbordende Gremienstruktur in der katholischen Kirche. Zudem waren aktuelle politischen Themen wie Migration und die Regierungsbilanz der Ampel-Koalition Gegenstand unserer Diskussion.
Berlin ist nicht nur Bundeshauptstadt, sondern auch ein eigenes Bundesland. Daher bot das Treffen mit Lucas Schaal MdA (CDU) einen spannenden Einblick in die dortige Landespolitik. In dem Gespräch ging es um die notwendigen Einsparungen im Berliner Haushalt und die besonderen Herausforderungen, vor denen die ehemals geteilte Stadt Berlin steht.
Ein weiterer Gesprächspartner des Seminars war Dr. Julian Christopher Marx, Mitarbeiter im Bundestagsbüro von Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) und Hauptverfasser des Antrags zur Neuregelung der Sterbehilfe. Mit ihm führten wir eine tiefgehende Diskussion über die moralischen Implikationen der Sterbehilfe und die Glaubwürdigkeit der Kirchen in gesellschaftlichen Debatten.
Im Bundestag trafen wir zudem Moritz Leibinger, Mitarbeiter von Jens Spahn und Mitglied des vergangenen Berliner Vorortes, mit dem wir über die politische Neuausrichtung der CDU nach der vergangenen Bundestagswahl sprachen.
Das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ hat seit seiner Gründung am Anfang des Jahres beachtliche Wahlerfolge erzielt. Bei einem Treffen mit Amira Mohammed Ali MdB, der Co-Vorsitzenden des BSW, präsentierte sie zunächst die Grundpfeiler ihrer Parteiprogrammatik, von Wirtschaft über Friedenspolitik bis hin zur Meinungsfreiheit. Neben der Sozialpolitik und der Abgrenzung zu anderen Parteien, diskutierten wir besonders intensiv die geplante Außenpolitik ihrer Partei und die damit einhergehenden Konsequenzen für die Ukraine.
Der dritte und letzte Tag begann mit einem Besuch beim Bundesverband deutscher Banken. In einem aufschlussreichen Gespräch mit Dr. Till Kaesbach und Heiner Herkenhoff diskutierten wir die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Die rückläufigen Investitionen, der notwendige Abbau von Bürokratie sowie die unsichere Lage für Unternehmen am Standort Deutschland standen im Zentrum der Gespräche.
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) führt den Slogan „katholisch. politisch. aktiv.“. Mit Dr. Stefan Ottersbach, dem Bundespräses des BDKJ, diskutierten wir kontrovers die teils einseitige politische Ausrichtung und das Rollenverständnis des katholischen Jugendverbands. Zudem war die Repräsentativität des BDKJ für die katholische Jugend in Deutschland Teil des Gesprächs.
Das Seminar schloss mit einem Besuch in der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund, wo wir mit Martin Hoben Einblicke in die Arbeit des Bundesrates und die besonderen Herausforderungen der Landesvertretungen in Berlin erhielten.
Ja, Deutschland steht vor einem Umbruch. Die gesellschaftlichen Debatten um Sozialreformen den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die Herausforderungen in der Migrationspolitik zeigen, wie tiefgreifend die uns betreffenden Herausforderungen sind. Auch die immer stärkeren Diskussionen über die Rolle der Kirche in Deutschland oder die Weltsynode belegen den Wunsch an Veränderung in verschiedenen Bereichen. Der seit einem Jahr wieder aufflammende Antisemitismus stellt bereits einen Umbruch dar, der uns als CV, egal ob Aktive oder Alter Herren, sowohl an den Universitäten als auch in der Gesellschaft besonders fordert.
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