Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV) übt Kritik am Umgang der Katholischen Kirche in Deutschland mit ausgetretenen Kirchenmitgliedern. „Die Weihnachtsbotschaft, die vorbehaltlos allen und besonders den verlorenen Menschen gilt, lässt uns fragen, ob die harten Sanktionen gegen ausgetretene Kirchenmitglieder so angemessen sind“, so der AGV-Vorsitzende Fabio Crynen. Gläubige in Deutschland sind verpflichtet, acht bis neun Prozent ihres jährlichen Einkommenssteueraufkommens zusätzlich an ihre Kirche zu zahlen – wer sich dieser Pflicht entzieht wird mit Kirchenstrafen sanktioniert: Nach einem Dekret der Deutschen Bischofskonferenz von 2012 dürfen Ausgetretene weder zur Beichte, Eucharistie oder kirchlicher Trauung treten, als Taufpaten fungieren oder Mitglied in öffentlichen kirchlichen Vereinen sein – auch ein kirchliches Begräbnis kann ihnen verweigert werden.
„Diese Sanktionen treffen jene Menschen besonders hart, die trotz Austritt das katholische Glaubensbekenntnis weiterhin teilen, ihr Geld aber nicht an die Amtskirche zahlen wollen“, so Crynen. „Missbrauchs- und Finanzskandale belasten das Ansehen der Katholischen Kirche in Deutschland und manche hadern mit ihrem Gewissen, wofür sie ihr Kirchensteuergeld zur Verfügung stellen. Wir denken etwa an das sechs Millionen Euro teure Reformprojekt ‚Synodaler Weg‘ oder Ausgaben für überproportionierte Bauprojekte.“
„Wir verstehen nicht, warum Gläubige, welche die Kirche auf andere Weise als durch die Kirchensteuer finanziell unterstützen wollen, der Kirchenbann angedroht wird“, so der Philipp van Gels, designierter Vorsitzender der politischen Vertretung der größten Akademikerverbände in Europa. Insgesamt nahm die Katholische Kirche in Deutschland 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 an.
„Natürlich ist es notwendig, dass die Kirche materielle Unterstützung erfährt und wir wissen, dass auch die Bistümer viele gute Dinge mit den Kirchensteuermitteln ermöglichen. Wir wünschen uns eine Reform der Kirchensteuer und damit die Abschaffung der Austrittssanktionen sowie Wahlfreiheit für alle Gläubigen, welche kirchlichen Projekte sie unterstützen wollen. Dass eine Ablehnung der Kirchensteuer in ihrem Status Quo mit einem Glaubensabfall gleichgesetzt wird, lehnen wir ab.“
Die finanzielle Unterstützung der Glaubensgemeinschaft ist eine kirchenrechtliche Pflicht aller Katholiken (c. 222 CIC). Die Frage, inwiefern die Mitgliedschaft in der Körperschaft öffentlichen Rechts obligatorisch ist für die Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche selbst, war lange umstritten. 2006 hatte der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte unter Papst Benedikt XVI. festgestellt, dass der formale Akt zum Kirchenaustritt nur vor einer kirchlichen Stelle erfolgen könne, nicht aber vor einer staatlichen Behörde. Infolge wurde die Abmeldung von der Kirchensteuer nicht mehr mit der Exkommunikation verbunden. Durch das Dekret der Bischofskonferenz 2012 werden die Gläubigen zwar formell nicht exkommuniziert, jedoch mit den gleichen Strafen belegt. „Das ist ein kirchenrechtlicher Trick, den wir fragwürdig finden“, so van Gels. „Man kann in Deutschland heute jegliche katholische Glaubenslehren beiseiteschieben und dennoch großen Laienverbänden vorstehen. Das alles scheint vielen Bischöfen egal zu sein, aber beim Geld hört dann aber plötzlich die Brüderlichkeit auf. Diese Doppelmoral verstärkt das Glaubwürdigkeitsproblem unserer Kirche.“
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